Kurz vor Weihnachten nach Asien. Dem Adventstress entfliehen. Irgend wohin, wo Weihnachten keine Rolle spielt. Der Plan tönte gut. Als mich allerdings in der Ankuftshalle des Hong Kong Airport das gleiche zuckersüsse Hintergrundgedudel empfing, das mir schon in den Einkaufszentren zu Hause auf den Wecker ging, wurde mir schlagartig klar, dass mein schöner Plan spektakulär gescheitert war.
Als ich während der Fahrt ins Hotel die Skyline von Hong Kong erblickte, winkten mir von den normalerweise schon hell beleuchteten Fassaden, masslos grelle Schneemänner, fröhlich grinsende Santas und bunt geschmückte Tannenbäume zu, als wollten sie sich über mein naives Vorhaben lustig machen.
Am nächsten Tag wurde mir vor lauter Jingle Bells, Let it sow und Santa is coming to town beinahe schwindlig. Selbst beim Inder hingen weihnachtliche Girlanden über dem Tresen und zu einem Chinesen traute ich mich gar nicht, denn mir war endlich klar geworden, dass nur die Chinesen den Kitsch noch mehr lieben, als die Amerikaner.
In unserer Verzweiflung flohen wir nach Wan Chai. Im Wissen, dass im Amazonia jeden Abend die hervorragende Liveband Ice Box die Bude rockt, waren wir sicher, dass uns dort niemand mit Weihnachtsliedern belästigen würde. Diesmal funktionierte der Plan perfekt und die präzisen Gitarrenriffs waren Balsam für meine geschundene Seele.
Wer so schön Vollgas gibt wie Ice Box, muss auch mal eine Pause einlegen. Als es so weit war, beschlossen wir einer anderen Bar eine Chance zu geben. Im kürzlich als „Escape“ wieder eröffneten Fenwick spielte zwar auch eine Liveband, die konnte aber Ice Box nicht einmal das Wasser reichen. Dafür war die Aussicht auf die Damenwelt eindeutig besser.
So standen wir mitten in der Nacht vor der schwierigen Entscheidung, ob wir lieber guten Rock hören oder schöne Röcke sehen wollten. Nach reichlicher Überlegung und zwei Bier entschieden wir uns für den Rock – den zum hören. Bereut haben wir es nicht…