Archive for Dezember 2009

Overdose of Christmas

22. Dezember 2009

Kurz vor Weihnachten nach Asien. Dem Adventstress entfliehen. Irgend wohin, wo Weihnachten keine Rolle spielt. Der Plan tönte gut. Als mich allerdings in der Ankuftshalle des Hong Kong Airport das gleiche zuckersüsse Hintergrundgedudel empfing, das mir schon in den Einkaufszentren zu Hause auf den Wecker ging, wurde mir schlagartig klar, dass mein schöner Plan spektakulär gescheitert war.

Als ich während der Fahrt ins Hotel die Skyline von Hong Kong erblickte, winkten mir von den normalerweise schon hell beleuchteten Fassaden, masslos grelle Schneemänner, fröhlich grinsende Santas und bunt geschmückte Tannenbäume zu, als wollten sie sich über mein naives Vorhaben lustig machen.

HGK1 HKG2

Am nächsten Tag wurde mir vor lauter Jingle Bells, Let it sow und Santa is coming to town beinahe schwindlig. Selbst beim Inder hingen weihnachtliche Girlanden über dem Tresen und zu einem Chinesen traute ich mich gar nicht, denn mir war endlich klar geworden, dass nur die Chinesen den Kitsch noch mehr lieben, als die Amerikaner.

In unserer Verzweiflung flohen wir nach Wan Chai. Im Wissen, dass im Amazonia jeden Abend die hervorragende Liveband Ice Box die Bude rockt, waren wir sicher, dass uns dort niemand mit Weihnachtsliedern belästigen würde. Diesmal funktionierte der Plan perfekt und die präzisen Gitarrenriffs waren Balsam für meine geschundene Seele.

Wer so schön Vollgas gibt wie Ice Box, muss auch mal eine Pause einlegen. Als es so weit war, beschlossen wir einer anderen Bar eine Chance zu geben. Im kürzlich als „Escape“ wieder eröffneten Fenwick spielte zwar auch eine Liveband, die konnte aber Ice Box nicht einmal das Wasser reichen. Dafür war die Aussicht auf die Damenwelt eindeutig besser.

So standen wir mitten in der Nacht vor der schwierigen Entscheidung, ob wir lieber guten Rock hören oder schöne Röcke sehen wollten. Nach reichlicher Überlegung und zwei Bier entschieden wir uns für den Rock – den zum hören. Bereut haben wir es nicht…

Midair Collision

17. Dezember 2009

Die schier grenzenlose Zunahme des Flugverkehrs hat in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass der Luftraum immer enger wurde. Der Fehler eines Fluglotsen oder ein unaufmerksamer Pilot können deshalb bereits zu gefährlichen Situationen führen. Um der Gefahr einer Kollision in der Luft zu begegnen, wurden einerseits technische Lösungen, wie das ACAS (Aircraft Collision Avoidance System) entwickelt, andererseits hat man auch in der Prävention nichts unversucht gelassen:

Birds

Trotzdem überrascht es nicht, dass sich heute, noch unbestätigten Meldungen zufolge, im am dichtesten beflogenen Luftraum der Welt, mitten in der vorweihnachtlichen Verkehrsspitze, wieder ein Zusammenstoss ereignete:

Offenbar stiess ein in La Guardia gestarteter Jet auf gut 4000 Fuss und bei besten Sichtverhältnissen, mit einem bislang noch nicht identifizierten Kleinflugzeug zusammen. Der Jet trug dabei glücklicherweise keine grösseren Schäden davon und konnte auf eine Notwasserung im Hudson verzichten. Nach der erfolgreichen Rückkehr nach La Guardia, konnten alle Passagiere das Flugzeug unverletzt verlassen.

Wie bei solchen Vorfällen üblich, brodelt nun wieder die Gerüchteküche. Auf einer lokalen Fernsehstation äusserte der selbst ernannte Aviatikexperte Joe Moss die Vermutung, die Piloten wären, statt nach anderem Verkehr Ausschau zu halten, mit ihren Laptops beschäftigt gewesen. Die Analogie zum Vorfall, als kürzlich ein Northwest Flugzeug den Zielflugplatz um gut 150 Meilen verpasst hatte, wurde danach ausführlich  breitgewalzt. Joe Moss missbrauchte dabei seinen Auftritt, um eine seiner berühmten Hasstiraden über die arroganten und überbezahlten Langstreckenpiloten vom Stapel zu lassen.

Ein anderer Sender zerrte eine sichtlich verwirrte und unter Schock stehende Passagierin vor die Kamera und entlockte der armen Frau den folgenden Satz: „Oh, it was just a horrible mess! Santa and most of his rain deer were sucked into the engines!“

Natürlich habe ich herzhaft gelacht, als ich feststellte, dass ich unbemerkt auf den „National Enquirer Channel“ gezappt hatte. Die Bilder, die dann folgten, waren nicht weniger merkwürdig:

SantaOuchie santa-airplane

Über der vermuteten Absturzstelle des Kleinflugzeugs kreisen nun natürlich unzählige News-Helikopter. Bisher aber wurde kein Wrack gefunden.

HeliSanta

Trotzdem wird nun in New York auf allem Kanälen heftig darüber diskutiert, ob jetzt Weihnachten dieses Jahr ausfallen werde. Ohne Santa keine Geschenke und ohne Geschenke keine Weihnachten, lautet der Tenor. Genau so stehe es schliesslich auch im neuen Testament, der Tora, dem Koran und in Macy’s Geschenkkatalog!

Wieder einmal habe ich das Unwissen der Amis völlig unterschätzt. Die haben offenbar noch immer nicht begriffen worum es bei Weihnachten geht und dass das Christkind für Santa den Karren (oder Schlitten) schon aus dem Dreck ziehen wird.

Santa_Christkind

Leise rieselt der Schnee

16. Dezember 2009

 

Leise rieselt der Schnee

Bald geht es nach Übersee

Die Flügel, die glänzen vom Frost

Verspätung, gross ist der Frust!

 

Das Deicing läuft total lahm

Rutschig ist die Startbahn

Beim Take-off sind wir auf der Hut

Unterwegs läuft alles ganz gut.

 

Bald ist der Zielflugplatz da

Das Christmas Shopping ganz nah

Der Advents-Kommerz lässt mich kalt

Freue Dich, der Rückflug kommt bald.

 

Hafenkräne und steigende Meeresspiegel

10. Dezember 2009

Als ich mir vorgenommen habe über die seltsamen Dinge der grossen, weiten Welt zu schreiben, hätte ich niemals erwartet, dass das Universum des Unverständlichen direkt vor meiner Haustüre beginnt. Nicht oft, aber immer öfter, scheint jedoch gerade dies der Fall zu sein.

Noch bevor die Nachbeben des Minarettverbots abgeklungen sind, ist in Downtown Switzerland bereits die nächste Hochbauvorlage von der politischen Rechten versenkt worden.

Das visionäre Projekt, auf dem Zürcher Rathausplatz, am Limmatquai, einen Hafenkran zu bauen, wurde gestern vom Zürcher Gemeinderat, angeblich aus Budgetüberlegungen, gekippt. Im allgemeinen Katzenjammer um Volksrechte, Religionsfreiheit und Staatsräson war die Meldung allerdings, selbst im Lokalteil der Tageszeitungen, nur eine Randnotiz wert.

Hafenkran

Besonders enttäuschend für mich war, dass die Medien die wahren Hintergründe dieses Entscheides und dessen Tragweite völlig verkannt haben. Gepaart mit etwas journalistischem Spürsinn, hätte das zur Zeit zweitwichtigste Thema im heimischen Blätterwald, die Klimakonferenz in Kopenhagen, eigentlich die richtigen Rückschlüsse erlauben müssen.

Endlich kam wieder einmal Revolutionäres statt Reaktionäres aus der Schweiz. Man begann sich pragmatisch auf die Veränderungen der Zukunft einzustellen, wollte Klimaerwärmung und steigende Meeresspiegel antizipieren. Die Linken gaben ihre unrealistischen, umweltschützerischen Vorstellungen auf und sahen die Unvermeidbarkeit der Klimaveränderung ein. Ja sie freundeten sich sogar regelrecht damit an: «Lasst das Meer nach Zürich kommen», rief ein grüner Politiker euphorisch in den Saal.

Leider verpasste die Rechte in ihrer Verbohrtheit die historische Chance Zürich, gemeinsam mit dem politischen Gegner, für die Zukunft zu rüsten. Während Dubai, Shanghai und Rotterdam, Treibhausgase sei dank, langsam aber sicher in den Fluten der Weltmeere versinken, wären wir mit unserem Hafenkran bereit gewesen in die entstandene Bresche zu springen. Der Aufstieg zum grössten Frachthafen der Welt wäre nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Die Finanzkrise hätte uns nichts mehr anhaben können, da unsere Wirtschaft durch ein neues, starkes Standbein gestützt worden wäre.

Wegen der Kurzsichtigkeit der Zürcher Gemeinderäte wird aus all dem nun wohl nichts werden. Zu gross war die Angst, vom Ertrinken bedrohte Scheichs, Chinesen und Holländer könnten als Flüchtlinge oder Hafenarbeiter in die Schweiz kommen und fordern, dass Scharia, Feng Shui und Gouda eingeführt würden…

Simulant und Anfänger

8. Dezember 2009

Nein, hier geht es nicht um Sozialhilfebetrüger und auch nicht um sonstige SVP Anliegen. Obwohl der kürzliche Exkurs in die Niederungen der Politik meine Leserzahlen in Schwindel erregende Höhen schnellen liess…

Pilotik statt Politik. Instruktion statt Integration stand die letzten beiden Tage auf meinem Programm. Da ich Ende 2005, nach gut sechs Jahren A330 pilot- und instruieren, für ein gutes Jahr auf die Kurzstrecke verbannt wurde, muss ich meine Befähigung, Kollegen im Simulator für das grosse Flugi zu verwirren, zuerst wieder unter Beweis stellen. Deshalb durfte ich die letzten Tage am „Doppelsteuer“, also mit Unterstützung eines geprüften und mit Brief und Siegel ausgestatteten Instruktors, Kollegen quälen.

Damit bei meiner Premiere der psychische Druck noch etwas gesteigert wurde, hat man mir als Trainees zwei von diesen unmöglichen Schreiberlingen zugeteilt. Bei einem drohte mir die Gefahr, dass all meine Pannen, in seinem viel gelesenen Blog publiziert werden. Beim andern, zu allem Übel noch einer unserer erfahrensten Checker, besteht die reelle Chance zum Gegenstand der immer mit grosser Spannung erwarteten Glosse „Civilized Thinking“ unserer Verbandspublikation Aeropers Rundschau zu werden.

So blieb mir letzte Woche nichts anderes übrig, als nach dem Motto PPPPP (proper preparation prevents poor performance),  meine Wissenslücken zu stopfen und in minutiöser Detailarbeit die Befähigung zu erlangen, meine Piloten- und Schreib- und Instruktions-Kollegen mit dem powerpointschen Mehrfach-Folienwerfer zu erschlagen.

Dank der seriösen Vorbereitung konnte ich mir problemlos, während vier Stunden den Mund fusselig reden. Auch den Simulator brachte ich, trotz meines redlichen Bemühens, nicht zum Totalabsturz und obwohl mein Überwacher vermutete ich sei sadistisch veranlagt, habe ich es nicht einmal geschafft meine Trainees zu überfordern. Egal was für Defekte ich mir aussann, die Kerle haben es, selbst ohne Höhen- und Geschwindigkeitsanzeigen, geschafft das Flugzeug sicher zu landen.

Die grösste Hürde für meine zukünftige Tätigkeit als „Simulant“ steht mir aber noch bevor. Morgen darf ich zu meiner Checkout Lektion antreten. Meine Befähigung als Instruktor wird von einem Fluglehrer beurteilt. „Fuck the fucker“ wird dies im Instruktorenjargon genannt. Natürlich hat sich das Schicksal dafür nochmals eine besondere Gemeinheit ausgedacht. Mir gegenüber wird, als Konsument meiner Ergüsse, einer unserer technischen Piloten sitzen. Wie ich die technischen Zusammenhänge des Flugzeuges jemandem erklären soll, der diese um ein Vielfaches besser kennt als ich, ist mir im Moment noch ein Rätsel. Ich werde mich heute also nochmals intensiv mit PPPPP beschäftigen müssen…