Dutch Roll ist ein aerodynamisches Phänomen, das bei Flugzeugen mit gepfeilten Flügeln besonders ausgeprägt ist.
Eilt ein Flügel eines Flugzeugs mit Pfeilflügeln etwas voraus (yaw), so hat er relativ zur Luftströmung eine grössere aerodynamische Spannweite. Der damit verbundene, grössere Auftrieb hebt diesen Flügel an, bewirkt also eine Bewegung in der Längsachse (roll). Der grössere Auftrieb führt aber auch zu grösserem induziertem Widerstand am vorauseilenden Flügel, was diesen wieder nach hinten zieht.
Diese Rückwärtsbewegung führt schliesslich zu einer Oszillation in die entgegengesetzte Richtung, so dass das Flugzeug sowohl um die Längs-, als auch um die Hochachse schwingt. Die Dutch Roll besteht also aus einer endlosen Überlagerung der Roll- und Gierbewegungen, die durch Klicken auf das animierte GIF (oben rechts) gesehen werden können.
Da alle modernen Passagierjets gepfeilte Flügel besitzen, haben sie auch die Tendenz zur Dutch Roll. Diese Schwingungen sind nicht nur unangenehm für Passagiere, sondern sie können sich so sehr aufschaukeln, dass das Flugzeug unkontrollierbar wird. Deshalb haben alle modernen Jets sogenannte Yaw Damper, die die Dutch Roll, mit automatischen Gegenbewegungen am Seitenruder, im Keime ersticken.
Viel spannender als den aerodynamischen Hintergrund finde ich aber die Namensgebung dieses Phänomens: „Holländische Rolle“. Zum ersten Mal benutzt wurde der Ausdruck, nach meinen Informationen, 1916 in einem Papier des Luftfahrtingenieurs Jerome C. Hunsaker, welches das folgende Zitat enthielt: “Dutch roll – the third element in the motion is a yawing to the right and left, combined with rolling. The motion is oscillatory of period for 5 to 12 seconds which may or may not be damped.”
Glaubt man Wikipedia so ist der Begriff aus Assoziation an eine gleich lautende Bezeichnung, aus den Anfängen des Schlittschuhlaufens im 19. Jahrhundert, für den ähnliche Körperbewegungen bewirkenden Schlittschuhschritt entstanden. Warum aber der Schlittschuhschritt so genannt wurde, darüber gibt Wikipedia keinen Aufschluss.
Als zweite mögliche Erklärung vermutet Wikipedia den englischen Ausdruck „Dutch courage“, ein Idiom für angetrunkenen Mut und mutmasst, dass darauf angespielt werden sollte, dass ein Flugzeug mit den Pendelbewegungen der Dutch Roll aussehe, als ob es von betrunkenen Piloten gesteuert würde.
Für mich tönt die zweite Variante wenig überzeugend, während die erste schlicht nicht zu Ende gedacht scheint. Was hat es also mit dieser Holländischen Rolle wirklich auf sich?
Wie die Bezeichnung Cockpit ist wohl auch die Dutch Roll auf den Slang der Seemänner während der Zeit der Segelschifffahrt zurückzuführen. Viele der Fachchinesischen Ausdrücke der Seemänner dieser Zeit fanden Eingang ins Englische und andere Sprachen, obwohl der nautische Laie den wahren Ursprung der Ausdrücke oft nicht begriff. Redewendungen wie „brace up“, „cut and run“ oder „by and large“ stammen eindeutig aus der Seemannssprache. Der Ausdruck „die Katze aus dem Sack lassen“ stammt von der Bestrafung mit der neunschwänzigen Katze, die in der Royal Navy jeweils unmittelbar vor der Züchtigung aus einem roten Sack geholt wurde.
Doch zurück zur Dutch Roll. Die Seeleute der Royal Navy waren (wohl zu Recht) davon überzeugt, dass ihre Seemannskünste weltweit unübertroffen seien. Seeleute anderer Nationen, die übrigens auch auf britischen Kriegsschiffen recht zahlreich anzutreffen waren, wurden entsprechend gefoppt. So zum Beispiel die Iren: Ein Loch in einem Segel war ein „Paddy’s reef“ und eine Flaute ein „Irish hurricane“.
Auch die Holländer bekamen ihr Fett weg: Ein Schiff mit schlecht getrimmten Segeln wurde als „jogging along, Dutch fashion“ bezeichnet und auch der Begriff „Dutch courage“ dürfte in dieser Zeit entstanden sein. Die sehr breit gebauten, mit pausbäckigem Bug versehenen holländischen Handelsschiffe waren der Grund dafür, dass die pummeligen Vertreterinnen des Weiblichen Geschlechts damals als „Dutch built“ verspottet wurden.
Vor diesem Hintergrund wird auch der Ursprung der Dutch Roll klar. Eben diese holländischen Handelsschiffe waren durch ihre rundliche Bauweise mit wenig Kiel schwer zu steuern und vollführten ständig Roll- und Gierbewegungen:
Dutch Roll.