Check/Refresher

Der geneigte Leser, der den Beitrag über meine Selbstfindung gelesen hat, weis, dass ich kürzlich meinen Check/Refresher hinter mich gebracht habe. Dieses zweitägige Ritual müssen wir Piloten halbjährlich über uns ergehen lassen. Der erste Tag beinhaltet jeweils den Check, an dem sich entscheidet, ob wir unseren Beruf für ein weiteres halbes Jahr ausüben dürfen. Er beginnt, für den nicht nach seinem Blog suchenden Durchschnittspiloten, mit dem Briefing, bei dem der Checker die Prüflinge mit tiefschürfenden Fragen zu Nebeloperation, Technik und Procedures löchert. Natürlich hilft es da, wenn man sich auf diese Fragerei vorbereitet.

 

Dabei gibt es zwei Strategien: Man kann, in der Hoffnung alle Fragen zu beantworten, versuchen möglichst viel Wissen ins Hirn zu pressen oder man nutzt die Unklarheiten in den Manuals um den Checker mit so vielen Fragen einzudecken, dass die Zeit fürs Briefing verstreicht, ohne dass man selbst seine Wissenslücken offenbaren muss. Bisher bin ich mit der zweiten Variante eigentlich immer gut gefahren. Leider scheint sich diese Taktik mittlerweile herumgesprochen zu haben, da mein Checker, als er den Notizblock mit meiner Fragensammlung sah, trocken bemerkte, dass diese mir nicht helfen werde, da er den Trick auch selber anwende und deshalb dagegen immun sei. Pech gehabt!

 

Nach dem Fragengewitter ging es dann, anschliessend an einen kurzen Besuch bei der Kaffeemaschine, um den Koffeinpegel wieder auf einen vernünftigen Stand zu bringen, in den Simulator, wo uns, im Verlauf des dreieinhalb Stunden dauernden Programms, vier mal ein Triebwerk um die Ohren flog und, damit das Ganze nicht allzu langweilig wurde, zusätzlich noch ein paar Probleme mit dem Fahrwerk-Computer und den Landeklappen eingebaut wurden. Damit ich auch im nächsten Jahr wieder als Cruise Enlarger agieren darf, musste ich zu Abschluss, vom linken Sitz aus, noch einen Kabinendruckabfall über dem hohen Terrain im Iran bewältigen. Hoffentlich wird mir das, bei meinem nächsten Besuch in den USA, nicht als ungebührliche Unterstützung des Regimes in Teheran ausgelegt! Nach einem kurzen Debriefing, dem Ausfüllen aller nötigen Formulare, dem Unterschreiben unserer Qualifikationen und der Verlängerung unserer Lizenzen konnten wir schliesslich den Check als erfolgreich bestanden betrachten.

 

Am folgenden Tag stand dann der Refresher auf dem Programm. Auch hier begann es mit einem Briefing und nach dem unverzichtbaren Besuch beim Kaffeeautomaten durften wir uns im Simulator zu Trainingszwecken mit Scherwinden, Terrain- und Kollisionswarnungen, gefolgt von einer Bombenexplosion mit Kabinendruckabfall und diversen Problemen mit falschen Anzeigen auf unseren Fluginstrumenten herumschlagen. Natürlich durften, neben dem einen oder anderen Triebwerksausfall, auch eingeschränkte Steuerbarkeit unseres A340 und die üblichen Probleme mit dem Fahrwerk nicht fehlen. Etwas abgekämpft brachten wir nach der Simulatorübung noch drei Stunden Theorieunterricht hinter uns, bevor wir uns auf dem Heimweg zu Familie und wohlverdientem Bier machten.

 

Wer jetzt denkt, dass ich nun wieder ein halbes Jahr Ruhe vor der Fragerei und Checkerei habe, der täuscht sich gewaltig. Bereits nächste Woche werde ich zu meinem Linecheck antreten, bei dem überprüft wird ob ich auch in der Linienoperation den Anforderungen gerecht werde und bei allen operationellen und planungstechnischen Fragen sattelfest bin. Natürlich werde auch ich wieder meine Fragensammlung mitnehmen. Schliesslich muss ich den Checker – hoffentlich ist dieser nicht auch so abgebrüht wie der letzte – nur zweimal gut dreieinhalb Stunden mit meinen Fragen von seinen abhalten…

 

9 Antworten to “Check/Refresher”

  1. Dide Says:

    Was mir an diesem Beitrag besonders imponiert (und ich meine es absolut ernst), ist die eloquente Art des Verfassers, (fast)alle englischen Fachtermini in ein lupenreines Deutsch zu übersetzen; von der „Nebeloperation“ über den „Kabinendruckabfall“ bis hin zu den „Schwerwinden“. Einzig die „Procedures“ blieben jungfräulich unangetastet. Aber die sind wohl auch für den Nicht-Aviatiker gut verständlich.

    Gruss

  2. Dide Says:

    „Scherwinde“ natürlich… Nicht schwer sind sie, sonder scherig!

  3. skypointer Says:

    Du hast recht, ich bin kein Freund von Anglikanismen. Sie erwecken bei mir jeweils den Eindruck, dass der Schreibende (oder Sprechende) selbst nicht so genau versteht was er erzählt – sonst könnte er es ja in Deutsch tun! Deshalb stand da zuerst Verfahren statt Procedures. Da dies aber allzu sehr nach dem klingt, was ich jeweils mit dem Auto mache und da mich auch Abläufe nicht überzeugt hat, konnten die Procedures ihre Jungfräulichkeit erhalten.

    Böse Zungen werden nun natürlich sagen, dass ich, meiner eigenen Argumentation zufolge, die Procedures nicht so genau verstehe…
    😉

  4. nff Says:

    … *Gopfridstutz* bei diesen hochstehenden Diskussionen komme ich immer weniger mit!

  5. skypointer Says:

    Das solltest Du jetzt eben mit engischen Worten sagen, dann tönt es viel profesioneller!

  6. katharina Says:

    hm, aber was ist ein cruise enlarger?? klingt sehr cool und erstrebenswert, erschließt sich mir als laie aber nicht 😉 lg von einer interessierten leserin

  7. Prechi Says:

    Hmmm, ich glaube wenn Banker so viel ge-checkt und ge-refresht würden wie ihr, hätte der Bund meine Steuern nicht direkt an die UBS überweisen müssen.

  8. skypointer Says:

    @katharina

    Na da ist mir trotz meinen Abneigungen wieder mal etwas Fachchinesisches reingerutscht. Sorry.

    Damit wir auch Flüge durchführen können, die länger dauern, als die maximal zulässige Arbeitszeit im Zweimann Cockpit, wird bei vielen Flügen mit drei Piloten operiert. Aus Kostengründen sind das ein Kapitän und zwei Kopiloten. So kann immer ein Pilot im speziell dafür vorhandenen Ruheraum (Crewbunk) mehr oder weniger gut schlafen. (Zur Vertiefung in die Materie: http://skypointer.swissblog.ch/2009/02/04/besetzt)

    Wenn der Kapitän schläft, dann muss sowohl sein Arbeitsplatz (linker Sitz), als auch seine Funktion als Kommandant von einem der beiden anderen Piloten übernommen werden. Dies ist der Cruise Enlarger oder zu Deutsch und etwas umständlich: Ersatzkommandant im Reiseflug.

    Damit ich als Kopilot diese Funktion ausüben darf, muss ich einmal im Jahr beweisen, dass ich in der Lage bin bei Notfällen das Kommando auszuüben und die Situation vom ungewohnten linken Sitz aus fliegerisch zu bewältigen.

  9. Bits and Bytes Says:

    Wenn der Flieger 3 mal klingelt……

    …dann wurde der Autopilot bewusst ausgeschaltet, das wird mit dem für 3 Sekunden blinkenden Master Warning-Lämpchen noch optisch untermalt, der Ton hört sich so an: Autopilot disconnect
    Schaltet sich der Autopilot selbst aus, was vorkommen kan…

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