Flughafen in Gefahr

Am 27. November ist es wieder einmal so weit. Der Zürcher Stimmbürger muss über zwei Vorlagen abstimmen, die den Flughafen Zürich abwürgen wollen.

Die erste Vorlage ist eine Behördeninitiative, welche verlangt, dass auf dem Flughafen Zürich keine Pisten mehr neu- oder ausgebaut werden dürfen:

Die Abstimmungspropaganda suggeriert, dass trotzdem eine nachhaltige Flughafenentwicklung möglich sei und die Bevölkerung gleichzeitig von exzessivem Wachstum und Fluglärm geschützt werde. Dass es den Initianten nicht um den Schutz der Bevölkerung geht zeigt allerdings die Tatsache, dass Neu- und Ausbauten sogar dann verboten bleiben, wenn diese mehr Sicherheit oder weniger Lärm bedeuten würden!

Worum geht es also wirklich? Einen Anhaltspunkt gibt die Informationsbroschüre des Kantons zur Abstimmung. Dort steht unter dem Punkt „Warum ein Ja zur Initiative?“ zuvorderst etwas über Raumplanung und „Es soll nicht nötig sein die bauliche Entwicklung zu blockieren…“ Aha. Es soll also weiterhin möglich sein im durch die unerträgliche Lärmbelastung verseuchten Gebiet ungebremst zu bauen. Aber warum ist das zurzeit nicht möglich? Mit der Annahme des Zürcher Fluglärmindexes 2007 wurde die maximale Zahl Personen, welche in stark vom Fluglärm betroffenen Gebieten wohnen, limitiert. Da dieses Limit bereits heute erreicht ist, dürfen die Anrainergemeinden des Flughafens nur noch beschränkt wachsen. Ihr Ziel ist es deshalb, dass die durch den technischen Fortschritt unweigerlich stattfindende Lärmverminderung nicht für den Ausbau des Flugverkehrs, sondern ausschliesslich für Neubauten genutzt wird. Dies lässt sich durch das Verhindern einer Änderung Pistensystems des bereits heute an der Kapazitätsgrenze operierenden Flughafens erreichen. Dass durch die Gier der Initianten nach der äusserst profitablen Bautätigkeit in ihren Gemeinden nicht nur die Schweizer Luftfahrt gefährdet, sondern auch eine Steigerung der Sicherheit (durch die Verlängerung der Piste 28) und eine Lärmentlastung der Anwohner (durch die Verlängerung der Piste 32) verunmöglicht wird, scheint den initiierenden Behörden keine schlaflosen Nächte zu bereiten.

Die Statistik zeigt die oben beschriebene Entwicklung eindrücklich: Das vom Fluglärm betroffene Gebiet ist in den letzten gut 30 Jahren dank technischem Fortschritt und trotz Mehrverkehr um 70% geschrumpft! Gleichzeitig verzeichneten die Anrainergemeinden des Flughafens im diesem Zeitraum das stärkste Bevölkerungswachstum des ganzen Kantons. Offenbar fühlen sich grosse Teile der Bevölkerung vom Flughafen eher angezogen als gestört!

Das hält die Fluglärmgegner natürlich nicht davon ab die Gegend mit Plakaten, die suggerieren Zürich ersticke im Fluglärm, zuzupflastern.

Angesichts der oben erwähnten Fakten kann ich den Vätern dieser Kampagne, obwohl ich eine solche Flugshow über dem Zürcher Seebecken zu schätzen wüsste, nur einen Besuch beim Psychiater empfehlen.

Auch das zweite Propagandamotiv finde ich durchaus witzig. Warum eine Extasy Pille, die sich bei der letzten Streetparade einen Hörschaden zugezogen hat, die SVP Sonne verdeckt und was das mit dem Flughafen zu tun hat ist mir allerdings ein Rätsel…

Zurück zur Politik. Die zweite zur Abstimmung stehende Vorlage ist der sogenannte „Gegenvorschlag“ zur oben beschriebenen Behördeninitiative. Initiantin ist die Vereinigung Flugschneise Süd Nein (VFSN):

Die Irreführung des Stimmbürgers beginnt hier schon beim Begriff „Gegenvorschlag“. Dieser setzt der Behördeninitiative nämlich nichts entgegen, sondern fügt einfach noch drei extremistische Forderungen hinzu:

       alle Flugrouten über dicht besiedeltes Gebiet, welche im Jahr 2000 noch nicht bestanden, sollen aufgehoben werden. Damit würden die nach 2000 eingeführten Südanflüge verboten – das ist das prioritäre Ziel des VFSN.

       der Bau neuer Schnellabrollwege soll verboten werden, obwohl diese der Sicherheit dienen und eine ökonomisch und ökologisch effizientere Operation ermöglichen.

       der Verwaltungsrat der Flughafen Zürich AG soll wichtige Entscheide erst nach einem referendumsfähigen Beschluss des Kantonsrates fällen können. Damit würde faktisch jeder Entscheid der Flughafen Zürich AG bis zum Sankt Nimmerleinstag verzögert und der Flughafen mittelfristig stranguliert – wohl das heimliche Langfristziel der Extremisten des VFSN.

Fazit:

Die beiden Vorlagen sind nicht nur extrem schädlich für die Schweizer Luftfahrt, sondern auch absolut überflüssig, da bereits heute die Behörden und der Stimmbürger das letzte Wort bei Änderungen am Pistensystem und im Falle eines Wachstums des Flughafens auf über 350‘000 Bewegungen hat. Die Initianten bedienen nur ihre Eigeninteressen, ohne Rücksicht auf Wirtschaft, Sicherheit und Lärmschutz. Dass sie dabei unter dem falschen Deckmäntelchen des Schutzes der Bevölkerung vor Fluglärm operieren, zeugt von ungeheurem Zynismus und unglaublicher Unverfrorenheit.

Bleibt zu hoffen, dass die Stimmbürger dieses trübe Spiel durchschauen und im Interesse der Schweizer Wirtschaft und einer nachhaltigen Entwicklung der Schweizer Luftfahrt am 27. November zu den beiden Blockierungsvorlagen

2 x Nein

In die Urne legen.

12 Antworten to “Flughafen in Gefahr”

  1. Max Says:

    Die Statistik zeigt die oben beschriebene Entwicklung eindrücklich: Das vom Fluglärm betroffene Gebiet ist in den letzten gut 30 Jahren dank technischem Fortschritt und trotz Mehrverkehr um 70% geschrumpft! Gleichzeitig verzeichneten die Anrainergemeinden des Flughafens im diesem Zeitraum das stärkste Bevölkerungswachstum des ganzen Kantons. Offenbar fühlen sich grosse Teile der Bevölkerung vom Flughafen eher angezogen als gestört!

    Dir wird nicht entgangen sein, dass mittlerweile überall gebaut wird, wo noch gebaut werden kann. Solche Lagen wurden bislang aus verschiedenen Gründen nicht bebaut, ein häufiger Grund war Lärm. Wer in der Region Zürich wohnen muss, hat häufig gar keine andere Wahl als an einem Ort mit Lärm zu wohnen: Strassenlärm, Eisenbahnlärm, Fluglärm, an vielen Orten in Flughafennähe auch kombiniert. Lärm und Luftverschmutzung wirken nicht anziehend, gerade auch nicht für Familien mit Kindern, aber viele Menschen haben gar keine Wahl.

    Das mit dem geschrumpften Lärm ist eine Lüge, wie Du ohne Zweifel weisst. Es handelt es sich um den berechneten Lärm. Du unterschlägst unter anderem die starke Zunahme von Ostanflügen, die neuen Südanflüge und die starke Zunahme der Nordanflüge auf Piste 14. Ja, Flugzeuge sind nicht mehr ganz so laut wie früher, aber immer noch laut. Und wo früher weniger lautere Flugzeuge flogen, fliegen heute deutlich mehr etwas weniger laute Flugzeuge.

    Bleibt zu hoffen, dass die Stimmbürger dieses trübe Spiel durchschauen und im Interesse der Schweizer Wirtschaft und einer nachhaltigen Entwicklung der Schweizer Luftfahrt am 27. November zu den beiden Blockierungsvorlagen 2 x Nein In die Urne legen.

    Die beiden Vorlagen sind chancenlos. Die Flughafen-Propaganda hat bislang noch immer gewirkt.

  2. skypointer Says:

    @Max
    1. Tatsächlich scheint heute überall ohne Rücksicht auf Verluste gebaut zu werden. Die Konsequenzen sind eine zugepflasterte Landschaft, überflutete Keller auch Lärmimmission. Bei den überfluteten Kellern wirst wohl auch Du kaum dem Bach Schuld geben, an den zu nahe herangebaut wurde. Beim Lärm scheinst Du aber andere Massstäbe anzusetzen. Interessant.

    Du sagst wer in der Region Zürich wohnen müsse, habe häufig gar keine andere Wahl als an einem Ort mit Lärm zu wohnen. Stimmt. Aber warum muss dieser jemand in der Region Zürich wohnen? Es gibt zuhinderst im Glarnerland, im Schächental und in vielen anderen Alpentälern, die bisher von Tourismus bisher verschont blieben, genügend Platz, billiges Bauland, unversehrte Natur und absolute Ruhe. Warum zieht der Ruhebedürftige nicht dorthin? Vielleicht weil es da keine Arbeitsplätze gibt? Hängt die boomende Wirtschaft in der Region Zürich etwa gar von der Verkehrsinfrastruktur ab? Damit ist Strassenlärm, Eisenbahnlärm und Fluglärm aber unvermeidlich verbunden. Jeder Neuzuzüger in die Region Zürich hat seinen Arbeitsplatz höher gewichtet als absolute Ruhe. Den Fünfer und das Weggli gibt es leider nicht. Etwas anderes zu behaupten ist nicht ehrlich.

    Tatsächlich wirken Lärm und Luftverschmutzung nicht anziehend. Trotzdem scheint das Gesamtpacket in der Region Zürich, mit guten Arbeitsbedingungen und trotz mässigem Lärm und mässiger Luftverschmutzung immer noch viel Natur und gesunden Umweltbedingungen äusserst attraktiv zu sein, denn sonst würde die Region schrumpfen statt zu wachsen. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage zeigt, dass sich 89% der Bevölkerung vom Fluglärm nicht besonders gestört fühlt: http://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/umfrage-zeigt-bevoelkerung-stoert-sich-nicht-am-fluglaerm-113697526

    Auch ich habe Kinder und wohne in der Region Zürich. Das bringt tatsächlich Probleme mit sich, die auch ich lieber vermeiden würde. Fluglärm und Luftverschmutzung zähle ich aber nicht dazu…

    2. Der geschrumfte Lärm ist keine Lüge. Das folgt aus den jahrelangen Lärmmessungen der EMPA. Aus diesen Messwerten werden dann tätsächlich Berechnungen angestellt. Die Basis sind aber Messungen und die Schweizer Lärmschutzverordnung. Fakt bleibt Fakt, auch wenn das Resultat nicht nach Deinem Geschmack ist.

    Der Osten und der Süden werden tatsächlich mehr überflogen, vor allem in den sensitiven Tagesrandstunden. Das liegt daran dass vor 2000 – auf Kosten des Nordens und des Wstens – der Osten fast gar nicht und der Süden überhaupt nicht überflogen wurden. Ob das fair war lasse ich dahingestellt. Der Grund für die Veränderung ist die Deutsche Verordnung, gegen die sich der Flughafen und die Swiss vehement, aber bisher erfolglos wehrt. Die Anflüge auf die Piste 14 und die Starts über den Westen, haben aber wegen der Ost- und Südanflüge während der kritischen Tagesrandstunden massiv abgenommen. Natürlich verschweigst Du das. Der Lärm wurde also nicht mehr, sondern hat abgenommen und wurde umverteilt.

    So viel zur Statistik. Wie sieht es subjektiv aus? Die Flugzeuge sind nach meiner Erfahrung massiv weniger laut. Ich wuchs in der Startschneise der Piste 28 auf und mag mich noch gut daran erinnern, wie in den 80-Jahren die Gläser jeweils in der Vitrine klirrten, wenn eine DC-9 oder eine IL-76 über unser Dach flog. Am gleichen Ort hörst Du heute mit geschlossenen Fenstern nichts mehr von den Flugzeugen. Das nenne ich eine Verbesserung!

    3. Zur Propaganda. Ich vermute schon lange, dass man Dinge, an denen man sich stört überproportional wahrnimmt und dass dies der Hauptgrund für die Fluglärmdebatte ist. Vielleicht liegt es also an mir, aber mir fällt auf, dass das ganze Zürcher Unterland von den beiden von mir im obigen Beitrag verballhornten Plakaten zugepflastert ist und dass ich bisher ausser direkt am Flughafen kein einziges Plakat gesehen habe, das für 2 x Nein wirbt. Flughafenpropaganda – ja wo denn? Aber die Meinungen sind wohl eh längst gemacht und die Plakate sind m.E. nur rausgeworfenes Geld, dass besser in Schallschutzmassnahmen inverstiert würde…

  3. Richi Says:

    Ein unglaublich komplexes Geschacher!

    Da will ein Immobilienmakler sein Einfamilienhäuschen veräussern, während in unmittelbarer Nachbarschaft ein Airport expandiert.
    Der Makler errechnet den Wertverlust seines Häuschens, bedingt durch zusätzliche Emissionen. Dagegen rechnet er den Rechtsanwalt auf; auf dessen Preis und Tarif.
    Und los geht die wilde Hatz!

    Schaut man über den Zürcher Tellerrand: In München dasselbe – siehe dritte Startbahn. Auch am Frankfurter Flughafen und in Frankfurt Hahn. Überall Pisten Expansion und aufgebrachte Leute/ Anwohner. In Stuttgart war nix zu machen. Eine veranschlagte zweite Landebahn wurde abgeblasen, so viel ich weiss.

    Solange ich für 20 Franken nach Mallorca fliegen kann, sehe ich keinen Ausweg.

  4. skypointer Says:

    Tja, stimmt schon. Der Makler hat sich nach getannem Werk vom Erlös zuerst einmal schöne Ferien gegönnt. Natürlich nicht in Mallorca, sondern in Thailand, den USA oder Südafrika, welche von Zürich aus alle ebenso bequem und direkt zu erreichen sind. Mit dem Zug? Kaum…

  5. Christoph Says:

    Ist leider in ganz Europa das Selbe… Natürlich darf man Themen wie Lärm- und Umweltschutz nicht vernachlässigen, aber um im Vergleich zu den aufstrebenden asiatischen Staaten konkurrenzfähig zu bleiben darf man sich mit solchen Bürgerinitiativen nicht selbst ein Bein stellen, noch dazu wo der Lärmteppich mit jeder neuen Flugzeuggeneration ohnehin kleiner wird.
    Die Situation in Zürich kenn ich nicht, aber in Wien ist es sehr ähnlich. Da gibt es auch Gruppierungen gegen alle möglichen Themen rund um den Flughafen. Unter anderem werden die Anflüge auf Rwy 11 welche direkt über das Gebiet der Innenstadt gehen kritisiert. Da kann ich aber aus eigener Erfahrung sagen, dass der Fluglärm im restlichen Stadtlärm völlig untergeht…

    Und von den direkten Flughafenanrainern waren wohl die wenigsten schon vor dem Flughafen da, also die wussten alle worauf sie sich einlassen…

  6. Richi Says:

    …dann kann der Makler seine Häuschen von oben anschauen:-)

    Wie gross ist der Anteil der Schweizer Bevölkerung, der von Zürich aus schon mal geflogen ist? Wäre soziologisch gesehen interessant zu wissen. Der „fliegende“ Bevölkerungsanteil dürfte, sagen wir während der Dekaden von 1960 bis 2010, ständig zugenommen haben. Gibt es solche Zahlen?
    Von noch grösserem Interesse, obwohl kaum ermittelbar: Wie gross ist der Anteil unter den Flughafen Ausbaugegnern, prozentual gesehen? Vielleicht ist der eine oder andere Immobilienmakler und Vielflieger mit dabei, inkl. Miles & More Konto(?)-

  7. Michael K Says:

    Das ist das Problem mit der direkten Demokratie, auch hier bei uns in Baden-Württemberg zu sehen. Die Initiatoren kommen mit irgendwelchen Horrorvorstellungen, stacheln die Leute auf und die Minderheit unterdrückt die wahre Mehrheit und es kommen die dümmsten Entscheidungen raus. Ich beneide euch keineswegs um die Volksabstimmungen. Auch hier in BW: NEIN bei der Volksabstimmung…..

  8. G! Says:

    Danke, skypointer! Ich selber wohne in der (sehr lauten) Anflugschneise 28. Bewusst, weil ich es in Kauf nehme. Wenn ich meine Wohnungskosten betrachte, MUSS skypointer recht haben, sonst könnte man auf keinen Fall solche Preise in einem Lärmgebiet verlangen.

  9. Alan David Sanginés Says:

    gut gesagt, hoffen wir, dass die Bevölkerung die beiden Vorlagen deutlich verwirft!

  10. Severin Says:

    Allein schon wegen den schreibenden Herren hier müsste jeder Zürcher ein Ja in die Urne legen! Was sollten wir denn lesen wenn unsere Piloten ihren Job verlieren? Drücke euch die Daumen und hoffe auf viele Vernünftige Zürcher, sollten ja eigentlich in einem Universitätskanton schon in gewissen Dosen vorhanden sein oder…

  11. Window In The Skies » Blog Archive » 2 x NEIN Says:

    […] Flughafen in Gefahr Like Unlike […]

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